Auf Wolke 7 – Wie Beziehungen auf die Psyche wirken

 

Eine liebevolle Partnerschaft ist für viele positive Emotionen und damit auch für psychisches Wohlbefinden verantwortlich. Doch was passiert, wenn nicht immer alles ‚rosig‘ läuft?

Dass ein stabiles soziales Netzwerk von immenser Wichtigkeit für die Aufrechterhaltung der psychischen Gesundheit ist, ist unbestritten, denn sowohl in freudigen Zeiten wie auch Krisenmomenten kann darauf vertraut werden, nicht alleine zu sein. Somit muss eigentlich auch angenommen werden, dass eine feste Partnerschaft denselben Effekt hat: Zunächst ist man nicht alleine, teilt Sorgen und Freude gleichzeitig, erfährt Zuneigung und Hilfestellungen zu scheinbar unlösbaren Problemen und wird akzeptiert und geliebt. Diese Darstellung einer offenbar glücklichen Beziehung entspricht aber nicht immer der Realität, denn selten sind Partnerschaften von ständiger Harmonie geprägt. Ab welchem Zeitpunkt wird eine Lebensgemeinschaft jedoch zur psychischen Belastungsprobe?

In guten wie in schlechten Zeiten

Tatsächlich belegt ist, dass eine stabile, funktionierende Beziehung viele gesundheitliche Vorteile mit sich bringt, was zunächst mit der Gefühlslage im Generellen zusammenhängt: Diese ist dabei im Normalfall auf einem guten, gleichbleibend hohen Niveau. Und weil die Gefühlswelt unmittelbaren Einfluss auf das körperliche und seelische Wohlbefinden nimmt, kann eine harmonische Partnerschaft erwiesenermaßen zu mehr Gesundheit beitragen. Die Emotionen beeinflussen nämlich das Immunsystem, das Herz, die Blutgefäße, den Hormonhaushalt sowie den Stoffwechsel. Sind wir demnach in einer Partnerschaft glücklich, wirkt sich dies auch genauso positiv auf unseren gesamten Organismus aus mit dem Ergebnis, dass wir seltener (schwer) krank werden und auch eine höhere Lebenserwartung haben.1

Wenn nun Liebesbeziehungen diese gesundheitsfördernden Aspekte mit sich bringen, so liegt nahe, dass Partnerschaften, in welchen ständig Streit oder Disharmonie im Allgemeinen herrscht, auch einen gegenteiligen Effekt haben können: Permanente Auseinandersetzungen, die von einer ordnungsgemäßen Streitkultur abweichen, erzeugen auf Dauer chronischen Stress. Dieser begünstigt wiederum Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einen zu hohen Blutdruck oder Rückenschmerzen.2 „Es ist auch Dauerstress für die Seele, wenn man ständig Messerspitzen in Form von Kränkungen ins Herz gerammt bekommt“3, wie die Wiener Psychologin Beate Handler erklärt. Diese fortwährende Anspannung kann somit in weiterer Folge auch zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen führen.4

Auch eine im vergangenen Jahr durchgeführte Studie von der Donau-Universität Krems zur psychischen Gesundheit in Partnerschaften hat Ähnliches aufgezeigt: Im Fokus stand dabei, welchen Einfluss Beziehungen speziell zu Beginn der Corona-Krise bzw. während des ersten Lockdowns auf die Psyche nahmen. Die Untersuchung ergab, dass ‚ungesunde Beziehungen‘ – also geprägt von ständigen Konflikten – eine immense Herausforderung für die Seele bedeutet haben. Demgemäß hätten nämlich auch Alleinstehende diese erste Phase der Pandemie besser überstanden als Menschen in ‚schlechten‘ Partnerschaften. Das Risiko, an Depressionen oder Angstattacken zu erkranken, war bei der letztgenannten Gruppe dabei drei Mal höher als bei Personen, die in einer guten Beziehung lebten.5

Streiten will auch gelernt sein.

Dass sich häufiger Streit negativ auf die körperliche und psychische Gesundheit auswirken kann, bedeutet aber nicht, dass eine gute Beziehung von ständiger Harmonie geprägt und frei von Konflikten sein soll. „Eine gute Partnerschaft bedeutet nicht, nie zu streiten, sondern die Fähigkeit zu Konfliktlösung und einer guten Streitkultur“6, wie Handler erläutert. Verbale Auseinandersetzungen sollen demgemäß frei von Abwertungen oder Kränkungen gelöst werden; außerdem spielt beim ‚richtigen Streiten‘ die Fähigkeit, nachgeben und einen Streit beilegen zu können, eine wichtige Rolle.7

Wenn das Konfliktpotenzial jedoch übermächtig und das Lösen von Problem unmöglich scheint, eine Trennung aber noch nicht in Betracht gezogen werden möchte, kann es sinnvoll sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dann muss herausgefunden werden, warum der Alltag von ständigen Streitigkeiten begleitet wird. Der in Walding praktizierende Klinische Psychologe und Psychotherapeut Maximilian Schallauer erklärt dazu Folgendes: „Krisen in einer Beziehung weisen meist darauf hin, dass ein nächster Entwicklungsschritt ansteht, zum Beispiel weil sich äußere Umstände verändert haben oder weil man in eine andere Lebensphase gekommen ist“8. Und obwohl Paartherapien primär dabei helfen sollen, Probleme mit professioneller Unterstützung zu erörtern und gegebenenfalls zu lösen, um die Partnerschaft konfliktfreier fortzusetzen, so steht jedoch nicht immer das unbedingte Zusammenbleiben im Vordergrund einer Therapie.9 Manchmal müsse laut Schallauer auch herausgefunden werden, ob ein Fortführen der Beziehung unter gewissen Umständen überhaupt Sinn mache.10 Somit kann eine Paartherapie auch durchaus zur Trennung führen, was in diesem Fall keinesfalls negativ zu bewerten ist, sondern womöglich die Chance dazu eröffnet, zwar getrennte, aber neue Wege zu gehen.

Denn auch alleinstehende Personen können glücklich sein.

Obwohl eine Trennung (vielleicht auch nach einer langjährigen Beziehung) zunächst abschreckend wirken mag, weil beispielsweise die Angst vor dem Alleinsein oder vor genereller Einsamkeit vorherrschend ist, so kann ein überzeugter Single-Status genauso glücklich machen wie eine harmonische Beziehung.

Die amerikanische Psychologin Bella dePaulo unterstreicht diese Annahme, denn ihre Studienrecherchen haben ergeben, dass Alleinstehende nicht nur behaupten würden, mit dem Beziehungsstatus glücklich und zufrieden zu sein, sondern dies auch tatsächlich zutreffe. Sie gestalten den Alltag mit erfüllenden und selbstbestimmten Aktivitäten, verfügen in vielen Fällen über einen größeren Freundeskreis als Paare und auch die Wahrscheinlichkeit, sich selbst weiterzuentwickeln, sei bei ihnen höher als bei Verheirateten. Durch die gegebene Selbstständigkeit und Unabhängigkeit treten auch weniger negative Emotionen auf, was mit der Gefühlswelt von Menschen vergleichbar ist, die in einer stabilen Partnerschaft leben.11

Überzeugtes Alleinsein vs. unfreiwillige Einsamkeit

Nicht immer ist das Alleinsein jedoch ein freiwillig gewählter Zustand: Wenn der Wunsch nach einer Beziehung ausgeprägt ist, aber die/der richtige Partner*in nicht gefunden wird, kann dies in Einsamkeit münden, in weiterer Folge auch zu einer enormen psychischen Belastung (siehe dazu der Blogbeitrag vom 25.11.2020 Alleinsein vs. Einsamkeit: Eine Standortbestimmung für die Psyche »»). In diesem Fall muss Einsamkeit aktiv bekämpft werden, indem beispielsweise das bestehende soziale Netzwerk intensiv gepflegt wird sowie neue Ziele formuliert werden, die erreicht werden wollen, und man nach neuen Möglichkeiten Ausschau hält, Kontakte zu knüpfen, beispielsweise über Nachbarschaftsinitiativen oder Sportangebote.

Ob nun vergeben oder aus Überzeugung alleinstehend – wichtig ist es, das Lebensmodell zu finden, welches zu einem selbst passt, denn Körper und Seele profitieren von beiden Konzepten. Eine Partnerschaft, die hingegen von ständiger Kritik, Schuldzuweisungen und Herabwürdigungen geprägt ist, stellt ein Gesundheitsrisiko dar, weswegen dann auch gilt, beispielsweise eine Paartherapie durchzuführen. Durch sie kann herausgefunden werden, ob die Beziehung noch Sinn macht und weitergeführt werden möchte oder ob eine Trennung unausweichlich ist. Von Bedeutung ist es in jedem Fall, dass die positiven Emotionen überwiegen, damit das allgemeine Wohlbefinden aufrechterhalten bleibt.

 


1 Vgl. Hartl, Thomas: Partnerschaft als Gesundheitsfaktor. In: meinegesundheit.at. Veröffentlicht im März 2010.
URL: https://www.meinegesundheit.at/cdscontent/?contentid=10007.689823 [Stand: 20.07.2021].

2 Vgl. Hartl, Thomas: Partnerschaft als Gesundheitsfaktor.
URL: https://www.meinegesundheit.at/cdscontent/?contentid=10007.689823 [Stand: 20.07.2021].

3 Hartl, Thomas: Partnerschaft als Gesundheitsfaktor.
URL: https://www.meinegesundheit.at/cdscontent/?contentid=10007.689823 [Stand: 20.07.2021].

4 Vgl. Hartl, Thomas: Partnerschaft als Gesundheitsfaktor.
URL: https://www.meinegesundheit.at/cdscontent/?contentid=10007.689823 [Stand: 20.07.2021].

5 Vgl. red / noe.ORF.at / Agenturen: Alleinsein gesünder als schlechte Beziehungen. In: orf.at. Veröffentlicht am 11.09.2020.
URL: https://noe.orf.at/stories/3066338/ [20.07.2021].

6 Hartl, Thomas: Partnerschaft als Gesundheitsfaktor.
URL: https://www.meinegesundheit.at/cdscontent/?contentid=10007.689823 [Stand: 20.07.2021].

7 Vgl. Hartl, Thomas: Partnerschaft als Gesundheitsfaktor.
URL: https://www.meinegesundheit.at/cdscontent/?contentid=10007.689823 [Stand: 20.07.2021].

8 Koxeder-Hessenberger, Birgit: Paartherapie: Möglichkeiten und Grenzen. In: meinegesundheit.at. Veröffentlicht im Dezember 2013.
URL: https://www.meinegesundheit.at/cdscontent/?contentid=10007.688672 [Stand: 20.07.2021].

9 Vgl. Koxeder-Hessenberger, Birgit: Paartherapie: Möglichkeiten und Grenzen.
URL: https://www.meinegesundheit.at/cdscontent/?contentid=10007.688672 [Stand: 20.07.2021].

10 Vgl. Koxeder-Hessenberger, Birgit: Paartherapie: Möglichkeiten und Grenzen.
URL: https://www.meinegesundheit.at/cdscontent/?contentid=10007.688672 [Stand: 20.07.2021].

11 Vgl. Lips, Mario: Die unterschätzten Vorteile eines Lebens als Single.
URL: https://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article157568271/Die-unterschaetzten-Vorteile-eines-Lebens-als-Single.html [Stand: 20.07.2021].

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Veröffentlicht am: 25.08.2021