Volksleiden Burnout – Das ‚Ausbrennen‘ wird noch immer unterschätzt

 

Burnout wird häufig als Bestandteil der modernen Arbeitswelt aufgefasst – und auch in Kauf genommen. Jedoch sollte man die Diagnose keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen, denn sie kann sich auf die psychische Gesundheit mit schwerwiegenden Folgen auswirken.

Burnout scheint zu einem Modewort geworden zu sein, um zu beschreiben, dass der Arbeitsalltag einen erhöhten Stresslevel mit sich bringt: Man steht ständig unter Zeitdruck, macht häufig Überstunden oder findet keine kommunikative Ebene mit Kolleg*innen oder Vorgesetzten. Hält der Leistungsdruck an, so steigt auch die Anzahl an Krankenständen. Schließlich treten Selbstzweifel auf und plötzlich findet man sich inmitten der Burnout-Spirale wieder, ohne es zu bemerken.

Nicht nur im Berufsleben, auch der private Alltag kann zum Erschöpfungszustand führen, der gemäß der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandten Gesundheitsprobleme (ICD-10) in die Kategorie „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“ eingeordnet wird.1 Und anhand dieser Beschreibung wird deutlich, dass Burnout nicht nur jene trifft, die einer enormen beruflichen Belastung ausgesetzt sind; auch finanzielle Probleme, die Pflege von Angehörigen oder private Konflikte können dazu führen, sich ‚ausgebrannt‘ zu fühlen.2

Diese chronische Belastung ist ein weitverbreitetes Phänomen.

Dauerhafter Stress kann durch unterschiedliche Aspekte das seelische Wohlbefinden strapazieren und sich auch zu einer psychischen Erkrankung entwickeln (siehe dazu auch der Blogbeitrag vom 21.10.2020 Psychischen Belastungen offen begegnen »»). Das Burnout-Syndrom ist diesen psychischen Belastungen zuzuordnen: Symptome wie berufliche Ineffektivität, Erschöpfung sowie eine soziale Distanzierung und anhaltender Zynismus könnten Anzeichen für einen erhöhten Belastungszustand sein, der in Österreich doch recht häufig zu Tage tritt: Gemäß einer repräsentativen Studie3 aus dem Jahr 2016/17 fühlen sich nur 52 Prozent der Österreicher*innen tatsächlich gesund. 19 Prozent der Proband*innen befinden sich bereits in einem Burnout-Frühstadium, 17 Prozent sogar in einem Übergangsstadium. Schließlich ergab diese Studie, dass 8 % der Österreicher*innen unter dem Burnout-Syndrom leiden.

Und die Warnzeichen für ein Burnout-Syndrom sollten keinesfalls ignoriert werden.

Burnout entsteht nicht von heute auf morgen, sondern aufgrund eines anhaltenden hohen Belastungslevels im Alltag. Und mögliche Warnzeichen sollten auch ernst genommen werden, denn im schlimmsten Fall führt Burnout zu einer Depression, die lebensbedrohlich sein könnte. Um Signale rechtzeitig zu erkennen, soll ein 12-Stufen-Modell4 eine Einschätzung zulassen, in welchem Burnout-Stadium man sich befindet: Zunächst äußert sich eine erhöhte Belastung beispielsweise durch einen verstärkten Einsatz und eine übertriebene Motivation – man möchte sich demnach beweisen und entwickelt einen sehr großen Ehrgeiz. In weiterer Folge vernachlässigt man die eigenen Bedürfnisse und beginnt auch mit einer Verleugnung von Problemen, indem man sich zunehmend aus dem sozialen Geschehen zurückzieht. In den letzten Stadien verspürt man eine innere Leere, leidet unter einer chronischen Erschöpfung und unter einer Depression, die auch Suizidgedanken mit sich bringen kann.

Trotzdem ist Burnout gesellschaftlich anerkannt und genießt sogar einen guten Ruf – ganz im Gegensatz zur Depression.

Denn das Burnout-Syndrom suggeriert, dass man vor allem beruflich überdurchschnittlich engagiert ist und damit einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag leistet. Umso erstaunlicher scheint es, dass die Folgeerkrankung – eine Depression – im Vergleich dazu eher abwertend betrachtet und sogar stigmatisiert wird.5 Der Psychiater und Vorstand der Deutschen Depressionshilfe Ulrich Hegerl kritisiert diesen Umstand: „Burnout meint oft nichts anderes als eine Depression, und das ist eine ernst zu nehmende psychische Erkrankung, oft sogar eine lebensbedrohliche. Burnout klingt viel besser. Aber ich halte es für gefährlich, von Burnout statt von Depression zu sprechen“6. Hegerl befürchtet, dass die konsequente Behandlung unterbleiben könne, wenn man Burnout mit Depressionen gleichsetze. Burnout verlange eine Auszeit, Urlaub und mehr Schlaf, doch wenn sich die Erschöpfung bereits zu einer Depression entwickelt habe, so seien diese Maßnahmen nachteilig oder gar gefährlich.7 Sollte sich demgemäß bereits ein spätes, ernstes Stadium des Burnout-Syndroms – eine Depression – entwickelt haben, so sollte auch professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden, um sich psychisch wieder stabilisieren und um eine schwere Depression lindern zu können.

Aber schon im Voraus können Maßnahmen ergriffen werden, damit es nicht dazu kommt.

Um die Gefahr zu reduzieren, ‚ausgebrannt‘ zu sein oder eine Depression zu entwickeln, müssen vor allem die eigenen Ansprüche reduziert werden. Übersteigerte Erwartungen sollten auf eine realistische Ebene gestellt, zu großer Perfektionismus und Ehrgeiz an das tatsächlich Mögliche angepasst werden; Kritik und Konflikte sollten professionell behandelt und als konstruktiv aufgefasst werden und auch regelmäßige Pausen dienen der Vorbeugung; ein adäquates Zeitmanagement und das Priorisieren von Aufgaben fördern die Struktur und verhindern, dass man sich schnell überarbeitet fühlt.8

Und die vielzitierte Work-Life-Balance ist auch von großer Wichtigkeit, um neben dem Arbeitsalltag auch Entspannungsphasen zu schaffen. Neben erholsamen Abschnitten – einfach einmal nichts tun – sollte hierbei auch Bewegung integriert werden; ausreichend Schlaf und eine gesunde Ernährung fördern das Wohlbefinden genauso wie soziale Kontakte.9

Scheuen Sie auch nicht davor zurück, sich professionelle Hilfe zu holen. Diese unterstützt dabei, ein krankheitsförderndes Verhalten aufzuzeigen. Und unter Berücksichtigung der eben genannten vorbeugenden Tipps und Tricks ist es dann auch möglich, sich weiterhin am Arbeitsalltag zu erfreuen und beruflich gute Leistungen zu erbringen. Wenn auch im privaten Bereich erfüllende und gesundheitsfördernde Tätigkeiten ihren Platz finden, beugen Sie aktiv dem Belastungssyndrom vor.

 


1 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Was ist Burnout? Zuletzt aktualisiert am 23.04.2018.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/leben/burnout/was-ist-das [Stand: 14.01.2021].

2 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Was ist Burnout? Zuletzt aktualisiert am 23.04.2018.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/leben/burnout/was-ist-das [Stand: 14.01.2021].

3 Vgl. Scheibenbogen, Oliver / Andorfer, Ute / Kuderer Margret / Musalek Michael: Zusammenfassung der Studie: Prävalenz des Burnout-Syndroms in Österreich. Ein Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK).
URL: https://www.bmafj.gv.at/Services/Publikationen.html [Stand: 14.01.2021).

4 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: Phasen und Symptome. Zuletzt aktualisiert am 23.04.2018.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/leben/burnout/phasen-symptome [Stand: 14.01.2021].

5 Vgl. Gerhard, Saskia: Darum ist Burnout keine Krankheit. In: Quarks. Veröffentlicht am 29.05.2019.
URL: https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/darum-ist-burnout-keine-krankheit/ [Stand: 14.01.2021].

6 Kramer, Bernd: Burnout ist eine Ausweichdiagnose. In: DER SPIEGEL. Veröffentlicht am 24.11.2011.
URL: https://www.spiegel.de/karriere/volkskrankheit-burnout-ist-eine-ausweichdiagnose-a-799348.html [Stand: 14.01.2021].

7 Vgl. Kramer, Bernd: Burnout ist eine Ausweichdiagnose.
URL: https://www.spiegel.de/karriere/volkskrankheit-burnout-ist-eine-ausweichdiagnose-a-799348.html [Stand: 14.01.2021].

8 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: So entgehen Sie dem „Ausbrennen“. Zuletzt aktualisiert am 24.04.2018.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/leben/burnout/dem-ausbrennen-entgehen [Stand: 14.01.2021].

9 Vgl. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: So entgehen Sie dem „Ausbrennen“.
URL: https://www.gesundheit.gv.at/leben/burnout/dem-ausbrennen-entgehen [Stand: 14.01.2021].

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Veröffentlicht am: 03.02.2021