Frühlingserwachen – Wie die Psyche auf die wärmer werdende Jahreszeit reagiert

 

Der Frühling hält nun langsam Einzug und mit dem zunehmenden Erwachen der Natur freut sich auch unsere Psyche ob der neuen Jahreszeit, wenn wir die Veränderungen bewusst wahrnehmen. Aber nicht immer setzen sich die Frühlingsgefühle auch durch.

Am 1. März hat der meteorologische Frühling begonnen und nach der kalten Jahreszeit fühlen wir nun eine jährlich wiederkehrende Hochstimmung: Die Tage werden endlich wieder länger und wärmer, der Anblick von blühenden Pflanzen erfreut das Gemüt und auch das rege Vogelgezwitscher sorgt für gute Laune. Ganz klar – unser seelisches Wohlbefinden wird durch die heranreifende Natur wieder gesteigert.

Aber warum hat der Frühling einen so großen Einfluss auf unsere Psyche?

Natürlich spielen viele äußere Einflüsse eine wichtige Rolle, um das Phänomen der sogenannten ‚Frühlingsgefühle‘ erklären zu können. Ein Grund dafür ist jener, dass der Frühling unter anderem die Sinne aktiviert. Nach dem Winter, der sich eher Grau in Grau präsentiert, nehmen wir die um uns entstehende Farbenvielfalt intensiver wahr. Und das saftige Grün der Wiesen und Bäume sowie die kunterbunte Blumen-Mischung wirken auf unsere Psyche wie eine Farbtherapie. So haben Grün-Töne eine reinigende Kraft, Gelb und Orange fördern die allgemeine Stimmungslage und erzeugen Optimismus und Mut, während rote Farben die Durchblutung anregen und das Selbstvertrauen steigern.1 Ein Spaziergang an der frischen Luft, während man die farbenprächtige Umgebung bestaunt, tut demnach der Seele und der allgemeinen Gemütsstimmung gut.

Ein wichtiger Faktor für das Wohlbefinden – Licht.

Obwohl es aber noch ein wenig dauert, bis sich uns der Frühling in seinem mannigfaltigen Farbenspiel zeigt, so spüren wir die positiven Veränderungen bereits jetzt, welche hauptsächlich auf den Lichteinfluss zurückzuführen sind. Denn die wärmer werdenden Temperaturen spielen kaum bis gar keine Rolle dabei, dass wir im Frühjahr glücklicher seien,2 erklärt Matthias Weber, Leiter des Schwerpunktes Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Vielmehr sei die zunehmende Lichteinwirkung dafür verantwortlich, das Schlafhormon Melatonin zu reduzieren.3 Durch die hormonelle Veränderung steigen auch das Glückshormon Serotonin sowie Dopamin und Noradrenalin: „Man fühlt sich aktiver und wacher. Dieses neue Auferstehen der Aktivität wird vom Körper als begrüßenswertes Gefühl aufgefasst“4, wie Weber näher ausführt.

Mit zunehmendem Licht wird nicht nur Melatonin reduziert und Serotonin vermehrt produziert, sondern auch Vitamin D wird in der wärmeren Jahreszeit wieder aufgenommen. Während der Winter einen Mangel am sogenannten ‚Sonnenvitamin‘ begünstigt und Müdigkeit sowie Antriebslosigkeit die Folgen sind, so sorgen die längeren und helleren Tage dafür, dass der Körper diesen Speicher wieder auffüllt.5

Und die Motivation, sich an der frischen Luft sportlich zu betätigen, steigt markant.

Denn während es in der kalten Jahreszeit viel Überwindung kostet, einen Spaziergang zu unternehmen oder draußen Sport zu betreiben, so sind die wärmeren Temperaturen und zunehmend längeren Tage ein größerer Antrieb, sich wieder mehr in der Natur bewegen zu wollen. Der positive Nebeneffekt: Nicht nur die körperliche Fitness wird gesteigert, sondern auch das Herz-Kreislauf-System kommt wieder mehr in Schwung und Stresshormone werden abgebaut, wodurch die gute Laune und die Glücksgefühle noch verstärkt werden.6

Das Frühjahr kann aber auch einen gegenteiligen Effekt haben.

Während sich die einen an den ersten Sonnenstrahlen erfreuen, verspüren viele andere plötzlich zunehmende Müdigkeit und ein Gefühl von Schlappheit. Auch Kreislaufbeschwerden, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche oder Gereiztheit sind weitere Symptome, welche der sogenannten ‚Frühjahrsmüdigkeit‘ zugeschrieben werden.7 Aber was hat es damit auf sich?

Der Marburger Schlafmediziner Werner Cassel erklärt dieses Phänomen unter anderem mit einer fettreichen Ernährung im Winter; zu wenige Vitamine und Spurenelemente wie Magnesium oder Zink begünstigen demnach die Frühjahrsmüdigkeit. Durch die wärmeren Temperaturen weiten sich außerdem die Blutgefäße, was einen Abfall des Blutdrucks zur Folge habe. Und nicht zu vernachlässigen sei der Umstand, dass im Winter durchschnittlich 20 bis 45 Minuten länger geschlafen werde: Wenn es im Frühjahr wieder länger hell sei, werde man abends aktiver, während man morgens bei Anbruch des Tageslichts auch früher wieder wach werde.8

Aber wie bzw. mit welchen Mitteln überwindet man die Frühjahrsmüdigkeit wieder?

Wie bereits erwähnt ist hier das Licht ein wesentlicher Faktor: Mit Bewegung im Freien kann Melatonin reduziert werden, Serotonin und Vitamin D hingegen werden produziert. Aber auch die Ernährung sollte dabei nicht vernachlässigt werden, denn die Aufnahme von gesunden Nährstoffen bringt den Körper wieder in Schwung. Nach deftigen Mahlzeiten im Winter sollten im Frühling vor allem viele Getreideprodukte aus Vollkorn, Kartoffeln oder Hülsenfrüchte auf dem Ernährungsplan stehen; auch Obst und Gemüse werden empfohlen, um dem Körper wichtige Vitamine zuzuführen.9

Damit der Frühlingsbeginn also in vollen Zügen genossen werden kann und die Psyche vom Wechsel der Jahreszeit vollends profitiert, sollte so viel Zeit wie möglich an der frischen Luft und in der Natur verbracht werden. Spaziergänge oder sportliche Betätigung tun nicht nur dem Körper gut, sondern richten den Blick auch auf das Neuerwachen der Natur. Das für den Organismus notwendige Licht wirkt dabei aktivierend und stimmungsaufhellend, aber auch eine ausgewogene und saisonale Ernährung sorgt für einen intakten Nährstoffhaushalt. Mit diesen einfachen und gleichzeitig wirkungsvollen Methoden werden auch die letzten Züge des Winterblues vertrieben, sodass das Frühlingserwachen intensiv erlebt werden kann und die Frühlingsgefühle ihren positiven Effekt zur Gänze entfalten.

 


1 Vgl. Eitenberger, Magdalena: 6 Tipps um die Frühlingsenergie zu nutzen. In: gesund.at. Veröffentlicht am 03.05.2017.
URL: https://www.gesund.at/psyche/fruehling-energie-tipps/ [Stand: 11.02.2021].

2 Vgl. Fischer, David: Frühlingsgefühle – Mythos oder Wirklichkeit? In: WELT.de. Veröffentlicht am 29.02.2016.
URL: https://www.welt.de/wissenschaft/article152771413/Fruehlingsgefuehle-Mythos-oder-Wirklichkeit.html [Stand: 11.02.2021].

3 Vgl. Fischer, David: Frühlingsgefühle – Mythos oder Wirklichkeit?
URL: https://www.welt.de/wissenschaft/article152771413/Fruehlingsgefuehle-Mythos-oder-Wirklichkeit.html [Stand: 11.02.2021].

4 Fischer, David: Frühlingsgefühle – Mythos oder Wirklichkeit?
URL: https://www.welt.de/wissenschaft/article152771413/Fruehlingsgefuehle-Mythos-oder-Wirklichkeit.html [Stand: 11.02.2021].

5 Vgl. Eitenberger, Magdalena: 6 Tipps um die Frühlingsenergie zu nutzen.
URL: https://www.gesund.at/psyche/fruehling-energie-tipps/ [Stand: 11.02.2021].

6 Vgl. RND/bk/js: Frühlingsgefühle: Warum die Hormone jetzt verrückt spielen. In: RND. Veröffentlicht am 02.04.2020.
URL: https://www.rnd.de/liebe-und-partnerschaft/fruhlingsgefuhle-wieso-spielen-die-hormone-im-fruhling-so-verruckt-L5TSAT4GJCEGTY2PP2M5B52HA4.html [Stand: 11.02.2021].

7 Vgl. o.A.: Was hilft gegen Frühjahrsmüdigkeit? In: FAZ.net. Aktualisiert am 31.03.2019.
URL: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/was-hilft-gegen-fruehjahrsmuedigkeit-16115875.html [Stand: 11.02.2021].

8 Vgl. o.A.: Was hilft gegen Frühjahrsmüdigkeit?
URL: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/was-hilft-gegen-fruehjahrsmuedigkeit-16115875.html [Stand: 11.02.2021].

9 Vgl. o.A.: Was hilft gegen Frühjahrsmüdigkeit?
URL: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/was-hilft-gegen-fruehjahrsmuedigkeit-16115875.html [Stand: 11.02.2021].

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Veröffentlicht am: 03.03.2021