Die ‚Nachrichtenflut‘ als psychische Belastungsprobe

 

Tagtäglich versorgen wir uns mit neuesten Nachrichten rund um den Globus, um informiert zu sein. Doch die zunehmend negative Berichterstattung aufgrund einer Vielzahl an aktuell angespannten Situationen weltweit kann schnell auf das Gemüt schlagen.

In den letzten Jahren wurden wir durch On- und Offline-Medien mit zahllosen schlechten Nachrichten konfrontiert, zumindest hat es diesen Anschein: Zerstörte Städte und viele Verletzte bzw. Opfer, herbeigeführt durch immer schlimmere Klimakatastrophen, die offenbar steigende Zahl an Gewalttaten aus unterschiedlichsten Motiven, dann seit mittlerweile 2 Jahren die anhaltende Berichterstattung über die Corona-Pandemie und nun Meldungen zu Kriegsgeschehen in unmittelbarer Nähe.

Gemein ist all diesen Nachrichten, dass sie Bedrohliches abbilden und fokussieren. Dahinter zeigt sich deutlich das in der Medienbranche geläufige Motto ‚Only Bad News are Good News‘. Und wirft man einen Blick in Tageszeitungen, hört man Radio, scrollt man sich durch Online-Nachrichten-Portale oder durch Social-Media-Kanäle, nehmen ‚Bad News‘ den Großteil der Berichterstattung ein. Doch warum scheint der Fokus derart auf Negatives zu liegen? Der österreichische Medienpsychologe Peter Vitouch erklärt dies einfach damit, „dass sich Sensationen gut verkaufen. […] Etwas muss über die Normalität hinausgehen“1. Und speziell jene Nachrichten, die bedrohliche Sachverhalte darstellen, bleiben uns dabei im Gedächtnis, wie auch mittlerweile wissenschaftlich belegt werden konnte: Informationen, die negativer Natur sind, werden aufmerksamer gelesen und versetzen uns in einen psychischen Erregungszustand.2

Schlechte Nachrichten wirken sich auf unsere Psyche aus

Dies kann aber Folgen für unsere seelische Gesundheit nach sich ziehen. „Bad News transportieren im Gegensatz zu Good News eine Bedrohung, die in extremer Ausführung angsterregend sein kann“3, wie Vitouch erläutert. Und so belasten uns die Informationen zu aktuellen Ereignissen und Geschehen massiv, denn Nachrichten und Bilder von Kriegsflüchtlingen, kranken Menschen und Hochwasser-Gebieten können Gefühle wie Wut, Ohnmacht und nicht zuletzt Angst auslösen.4 Dadurch werden wir in Stress versetzt, der sich langfristig auf die Psyche niederschlägt.

Damit solche Emotionen und in weiterer Folge die psychische Belastung nicht überhandnehmen, plädiert die deutsche Psychotherapeutin Franca Cerutti dafür, „dass wir unseren Medienkonsum radikal dezimieren müssen, um da gesund herauszukommen“5. Die übermäßige Verfolgung von negativer Berichterstattung und das Informieren über aktuelle emotionale Geschehnisse vermittle uns nämlich nicht das Gefühl, eine bestimmte Situation besser unter Kontrolle zu haben,6 im Gegenteil, wie sie näher ausführt: „Wir fühlen und leiden mit“7.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir uns nicht mehr über das Weltgeschehen informieren dürfen. Eher soll ein angemessener Umgang mit der Mediennutzung vorherrschen. Und in diesem Zusammenhang gibt es einige weitere hilfreiche Tipps, um sich selbst bestmöglich zu schützen:8

  • Wie viel Information tut mir gut?
    Geraten wird dazu, dass ganz bewusst nur so viele Neuigkeiten konsumiert werden, wie es die individuelle Belastungsgrenze überhaupt zulässt. In diesem Fall gilt, sich selbst die Frage zu beantworten, wie viele Newsmeldungen verarbeitet werden können, ohne dass sich deren Inhalt auf das psychische Wohlbefinden negativ auswirkt.
  • Fakten statt Fake-News
    Zu vielen Nachrichten findet man vor allem in Internet und in diversen Social-Media-Kanälen zahlreiche Falschmeldungen und -informationen. Wichtig ist es, dass man verlässliche Quellen heranzieht, die das Geschehen wahrheitsgetreu abbilden.
  • Zeiten für das Einholen von Informationen festlegen
    Cerutti rät dazu, Medienzeiten bewusst einzuschränken: „Es kann helfen, wenn wir Nachrichten nur zu bestimmten Zeiten konsumieren und selbst bestimmen, was wir uns wann angucken und was nicht“9, so ihre Ausführung. Außerhalb der individuell festgelegten ‚News-Time‘ sollten Berichterstattungen demnach ganz bewusst gemieden werden. Damit kann sichergestellt werden, dass man zwar informiert bleibt, aber den überwiegend schlechten Nachrichten nicht zu viel Raum gegeben wird. Mit dieser Methode kann auch einer Überbelastung durch Sorgen und Ängste vorgebeugt werden.
  • Sich bewusst Auszeiten gönnen
    Das aktuelle Weltgeschehen belastet viele massiv, weswegen manche in einen inneren Konflikt mit sich selbst geraten: Darf ich Spaß haben oder Freund*innen treffen, während es so vielen Menschen schlecht geht? Cerutti lobt diese Art von Empathie, „doch sich jetzt etwas aus Pietätsgründen zu verbieten, was einem in Wirklichkeit am besten täte und vielleicht zur Stabilisierung beitragen würde, damit ist ja niemandem geholfen“10. Sie plädiert also für das Stillen der individuellen Bedürfnisse, da Selbstfürsorge dazu beiträgt, das persönliche psychische Wohlbefinden aufrechtzuerhalten.
  • Kindern keine Angst machen
    Auch die jüngere Generation kommt in diversen Situation mit dem aktuellen Weltgeschehen zwangsweise in Berührung. Schlechte Nachrichten sollen zwar nicht bewusst von ihnen ferngehalten werden, aber es ist wichtig, dass Kinder dennoch nicht mit diesen überflutet werden. Empfohlen wird, dass sie über Tagesaktuelles altersgerecht informiert werden, beispielsweise durch Nachrichten- oder Reportagesendungen, die der Zielgruppe entsprechen. Ereignisse werden hier zwar erörtert, aber in für sie verständlicher Sprache und ohne die Darstellung von schockierenden oder verstörenden Bildern.
  • Positiv bleiben
    Die derzeit vielen schrecklichen Ereignisse könnten manchmal zu dem Schluss führen, dass nichts Gutes auf der Welt passiert. Dennoch ist es von besonderer Wichtigkeit, optimistisch und zuversichtlich zu bleiben. Hierbei empfiehlt es sich, neben den eben angeführten Ratschlägen hinsichtlich Pausenzeiten und Selbstfürsorge auch solche Nachrichten zu konsumieren, die positiver Natur sind.
  • Über Sorgen und Ängste sprechen
    Besteht das Bedürfnis, über die neuesten Meldungen zu sprechen, weil diese stark belastend wirken, sollte man nicht zögern, sich dem sozialen Netzwerk anzuvertrauen. So können Sorgen geteilt werden.
  • Nicht zuletzt – professionelle Unterstützung kann helfen
    Wenn Sorgen und Ängste überhandnehmen, dann sollte man sich nicht davor scheuen, professionelle Hilfe anzunehmen. Dabei können psychische Belastungen gezielt besprochen und gemindert werden.

Auch wenn die negative ‚Nachrichtenflut‘ nicht nachzulassen scheint, sollte man trotzdem versuchen, positive Meldungen wahrzunehmen und sich darüber zu freuen. Eine bewusste Einschränkung des Medienkonsums, das Beschaffen von gesicherten Fakten sowie das Berücksichtigen von individuellen Bedürfnissen im Sinne der Selbstfürsorge sind ausgesprochen wichtig, um psychischen Belastungen dahin gehend vorzubeugen und um das eigene seelische Wohlbefinden aufrechtzuerhalten.

 


1 Hillebrand, Ralf: Wieso wir das Schlechte gut finden. In: sn.at. Veröffentlicht am 05.09.2014.
URL: https://www.sn.at/panorama/medien/wieso-wir-das-schlechte-gut-finden-3219280 [Stand: 07.03.2022].

2 Vgl. Schumann, Florian: Menschen reagieren stärker auf schlechte Nachrichten als auf gute. In: tagesspiegel.de. Veröffentlicht am 02.09.2019.
URL: https://www.tagesspiegel.de/wissen/aufmerksamer-und-erregter-menschen-reagieren-staerker-auf-schlechte-nachrichten-als-auf-gute/24971938.html [Stand: 07.03.2022].

3 Hillebrand, Ralf: Wieso wir das Schlechte gut finden.
URL: https://www.sn.at/panorama/medien/wieso-wir-das-schlechte-gut-finden-3219280 [Stand: 07.03.2022].

4 Vgl. Häfner, Rebecca: „Durch die vielen Bilder vom Krieg reagiert unser ganzer Organismus so, als seien wir mittendrin in der Katastrophe“. In: stern.de. Veröffentlicht am 02.03.2022.
URL: https://www.stern.de/gesundheit/angst-vor-dem-krieg–tipps-zum-umgang-mit-schlechten-nachrichten–31666986.html [Stand: 07.03.2022].

5 Häfner, Rebecca: „Durch die vielen Bilder vom Krieg reagiert unser ganzer Organismus so, als seien wir mittendrin in der Katastrophe“.
URL: https://www.stern.de/gesundheit/angst-vor-dem-krieg–tipps-zum-umgang-mit-schlechten-nachrichten–31666986.html [Stand: 07.03.2022].

6 Vgl. Häfner, Rebecca: „Durch die vielen Bilder vom Krieg reagiert unser ganzer Organismus so, als seien wir mittendrin in der Katastrophe“.
URL: https://www.stern.de/gesundheit/angst-vor-dem-krieg–tipps-zum-umgang-mit-schlechten-nachrichten–31666986.html [Stand: 07.03.2022].

7 Häfner, Rebecca: „Durch die vielen Bilder vom Krieg reagiert unser ganzer Organismus so, als seien wir mittendrin in der Katastrophe“.
URL: https://www.stern.de/gesundheit/angst-vor-dem-krieg–tipps-zum-umgang-mit-schlechten-nachrichten–31666986.html [Stand: 07.03.2022].

8 Vgl. Häfner, Rebecca: „Durch die vielen Bilder vom Krieg reagiert unser ganzer Organismus so, als seien wir mittendrin in der Katastrophe“.
URL: https://www.stern.de/gesundheit/angst-vor-dem-krieg–tipps-zum-umgang-mit-schlechten-nachrichten–31666986.html [Stand: 07.03.2022],
vgl. KiRaKa: Was kannst du tun, wenn Nachrichten dir Angst machen? In: wdr.de. Veröffentlicht am 24.02.2022.
URL: https://kinder.wdr.de/radio/kiraka/hoeren/entdecken/Was-tun-wenn-Nachrichten-Angst-machen-100.html [Stand: 07.03.2022] und
vgl.Mental Health Europe, pro mente Austria: 8 hilfreiche Tipps für seelische Gesundheit in Zeiten des Corona-Virus.
URL: https://www.promenteaustria.at/de/aktuelles/tipps-fuer-seelische-gesundheit-in-zeiten-des-corona-virus/ [Stand: 07.03.2022].

9 Häfner, Rebecca: „Durch die vielen Bilder vom Krieg reagiert unser ganzer Organismus so, als seien wir mittendrin in der Katastrophe“.
URL: https://www.stern.de/gesundheit/angst-vor-dem-krieg–tipps-zum-umgang-mit-schlechten-nachrichten–31666986.html [Stand: 07.03.2022].

10 Häfner, Rebecca: „Durch die vielen Bilder vom Krieg reagiert unser ganzer Organismus so, als seien wir mittendrin in der Katastrophe“.
URL: https://www.stern.de/gesundheit/angst-vor-dem-krieg–tipps-zum-umgang-mit-schlechten-nachrichten–31666986.html [Stand: 07.03.2022].

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Veröffentlicht am: 09.03.2022