Dem Winter mit Elan begegnen

 

Jetzt in der Herbst-/Winterzeit ziehen wir uns in unsere vier Wände zurück und hüllen uns lieber in warme Decken ein, als den Alltag aktiv zu gestalten – mit möglichen Folgen für das psychische Wohlbefinden.

Morgens bei Dunkelheit aufstehen, abends bei Dunkelheit wieder von der Arbeit nach Hause kommen. Kein Wunder, dass gerade jetzt in der kalten Jahreszeit das Feierabend-Programm anstatt auswärts in Gesellschaft lieber gemütlich und in ruhiger Atmosphäre auf der Couch gestaltet wird. Und gegen ein bisschen winterliche Faulheit ist auch nichts einzuwenden: „Wenn wir faul sind, wenn wir entspannen und uns Muße gönnen, dann kann der Körper ein Spar- und Reparaturprogramm aktivieren“1, so Michaela Axt-Gadermann, Professorin für Gesundheitsförderung an der Hochschule Coburg. „Diese Ruhephasen sind auch wichtig für das Immunsystem, für das Herz-Kreislaufsystem, der Blutdruck kann sinken, der Stresshormonspiegel geht zurück“2, wie sie weiter ausführt.

Faulheit ist nicht gleich Faulheit

Axt-Gadermann meint hierbei jedoch nicht das Rumsitzen oder Liegen auf der Couch, während lustlos durch die Fernsehkanäle gezappt werde und Langeweile entstehe: „[…] [G]emeint ist, dass ich Dinge tue, die mich erfüllen und die mir Spaß machen, die aber nicht mit der Arbeit oder dem Gelderwerb zu tun haben“3, erklärt sie. Es geht also vielmehr darum, die Freizeit mit Lieblingsbeschäftigungen zu gestalten, beispielsweise mit dem Lesen eines Buches, dem Hören von Musik oder mit körperlicher Aktivität. Und indem wir uns den individuellen Hobbys widmen, wird Faulheit zu einem wichtigen Entspannungsfaktor im Alltag, der auch dringend notwendig ist.4 „Wir sind und werden gehetzt, und da ist es nur natürlich, dass wir jeden Moment nützen wollen, um uns zu erholen“5, so der in Wien tätige Sport- und Ernährungsmediziner Christian Matthai.

Anders verhält es sich, wenn wir in unserer Freizeit nicht wissen, wie wir sie gewinnbringend gestalten, sondern buchstäblich faul auf der Couch liegen. Da der Körper aus evolutionsbiologischer Sicht nämlich nicht dafür gemacht ist, längere Zeit ohne regelmäßige Bewegung auszukommen, gerät dadurch der Stoffwechsel des Gehirns aus dem Gleichgewicht und das Risiko, verschiedenste Erkrankungen zu entwickeln, steigt.6

Der Winterblues animiert dazu, faul zu sein

Doch gerade jetzt, wenn die Tage nass, kalt und dunkel bleiben, gerät der Biorhythmus des Körpers oftmals durcheinander und wir sehnen uns aufgrund von Motivations- und Antriebslosigkeit sowie häufig Müdigkeit eben genau danach – in der Wohnung verweilen, das gemütliche Sitzen der Bewegung im Freien vorziehen, kohlenhydratreiche Nahrungsmittel zu uns nehmen. Zurückzuführen ist der natürliche Drang, im Winter faul sein zu wollen, auf das den sogenannten Winterblues (bzw. die Wintermüdigkeit). Dieser ist von der bekannten Herbst-Winterdepression7 jedoch abzugrenzen: Während der Winterblues ein natürliches saisonales Stimmungstief darstellt, das tageweise variieren kann und keiner Hilfe bedarf, wird die Herbst-Winterdepression als saisonale depressive Störung mittlerweile offiziell als Sonderform der affektiven Störungen angesehen, die auch im ICD-108 verzeichnet ist.9

Der Winterblues hingegen ist ein natürliches Phänomen: Durch die zunehmend kürzer werdenden Tage gepaart mit kaltem Wetter stellt sich der Körper aufgrund reduzierter Sonnenstunden um und vor allem das Schlafhormon Melatonin wird vermehrt produziert; und das sorgt eben für Antriebslosigkeit sowie für eine gedrückte Stimmungslage und für Müdigkeit.10

Tipps gegen saisonale Stimmungsschwankungen

Somit gilt es, dem Winterblues aktiv entgegenzuwirken und für Wohlbefinden in der kalten Jahreszeit zu sorgen. Mit einfachen Mitteln und Methoden lässt sich die Wintermüdigkeit auch gut bekämpfen:11

  • Kreislauf ankurbeln
    Sie sind berüchtigt und unbeliebt, unterstützen jedoch dabei, den Kreislauf in Schwung zu bringen – die Wechselduschen. Aufgrund des unerwarteten kalten Reizes regen sie die Durchblutung im Körper und im Gehirn an, wodurch man sich sogleich wacher fühlt. Kann man sich dazu nicht überwinden, ist alternativ kaltes Wasser im Gesicht oder auf den Unterarmen hilfreich.
  • Auch im Winter gilt – trinken, trinken, trinken
    Denn zu wenig Flüssigkeit in Form von Wasser oder ungesüßten Getränken begünstigt Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche sowie Müdigkeit. Abgeraten wird hingegen, die Antriebslosigkeit mit Koffein zu bekämpfen, da nach dem ersten Energieschub wieder ein Tief folgt.
  • Gesunde Ernährung
    Zwar mögen wir es im Winter deftiger und greifen häufiger zu Süßigkeiten und ungesunden Snacks, aber wichtig ist es, üppige Mahlzeiten so oft wie möglich zu meiden. Der Verdauungsprozess, welcher bei fettreichen Speisen in Gang gesetzt wird, kostet dem Körper Energie, wodurch gleichzeitig das Gehirn weniger durchblutet wird. Die Folge – Müdigkeit und Trägheit. Gesunde Kohlenhydrate und Fette, viel Obst und Gemüse unterstützen den Stoffwechsel und wirken positiv sowie stärkend auf das Immunsystem.
  • Bewegung und Sport an der frischen Luft sind das A und O
    Auch wenn es schwerfällt – ein Spaziergang im Freien, vor allem bei Tageslicht, hilft bei der Aufrechterhaltung eines gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus bzw. sorgt für Ausgeglichenheit zwischen Melatonin und dem Glückshormon Serotonin. Und auch auf regelmäßige Sport-Einheiten sollte nicht verzichtet werden, denn sie regen das Herz-Kreislauf-System an und führen zu einer vermehrten Ausschüttung von Glückshormonen. Und wenn man sich zu einer ausgiebigen Bewegungseinheit (eventuell auch in Gruppen) motivieren konnte, so werden die positiven Aspekte (vor allem Freude, sich dazu überwunden zu haben) sogleich im Anschluss deutlich spürbar.

Gegen einige ‚faule‘ Tage in der kalten Jahreszeit ist natürlich nichts einzuwenden, aber bei einem häufigen Winter-Stimmungstief sollte man aktiv werden: Eine gesunde Ernährung sowie ausreichend Flüssigkeit bilden neben regelmäßiger Bewegung im Freien sowie sportlicher Betätigung die Basis zur Eindämmung des Winterblues und sorgen zusammen mit einem gesunden Schlaf, Stressreduktion sowie der Ausübung von geliebten Hobbys dafür, dass wir dunkle Tage aktiv bestreiten und unser allgemeines Wohlbefinden aufrechterhalten. Und so können auch die kalten Monate besser bestritten, vielleicht ja sogar ein wenig genossen werden.

 


1 Stamm, Ursula: Mehr Mut zur Faulheit! In: rbb-online.de. Veröffentlicht am 22.05.2017.
URL: https://www.rbb-online.de/rbbpraxis/rbb_praxis_service/gehirn-nerven-psyche/psychologie/interview-gesunde-faulheit-axt-gadermann.html [Stand: 11.10.2023].

2 Stamm, Ursula: Mehr Mut zur Faulheit!
URL: https://www.rbb-online.de/rbbpraxis/rbb_praxis_service/gehirn-nerven-psyche/psychologie/interview-gesunde-faulheit-axt-gadermann.html [Stand: 11.10.2023].

3 Stamm, Ursula: Mehr Mut zur Faulheit!
URL: https://www.rbb-online.de/rbbpraxis/rbb_praxis_service/gehirn-nerven-psyche/psychologie/interview-gesunde-faulheit-axt-gadermann.html [Stand: 11.10.2023].

4 Vgl. Stamm, Ursula: Mehr Mut zur Faulheit!
URL: https://www.rbb-online.de/rbbpraxis/rbb_praxis_service/gehirn-nerven-psyche/psychologie/interview-gesunde-faulheit-axt-gadermann.html [Stand: 11.10.2023].

5 Richter, Claudia: Was sich gegen unsere Faulheit tun lässt. In: diepresse.com. Veröffentlicht am 23.04.2017.
URL: https://www.diepresse.com/5205392/was-sich-gegen-unsere-faulheit-tun-laesst [Stand: 11.10.2023].

6 Vgl. Blech, Jörg: Faulheit macht dumm. In: spiegel.de. Veröffentlicht am 21.04.2008.
URL: https://www.spiegel.de/spiegel/a-548638.html [Stand: 11.10.2023].

7 Lesen Sie mehr über die Herbst-Winterdepression in unserem Blogbeitrag Gegen das Grau im Alltag – Herbst-Winterdepression bekämpfen »» vom 02.12.2020.

8 Detailliertere Informationen zum internationalen System zur Klassifizierung von körperlichen und psychischen Erkrankungen finden Sie in unserem Blogbeitrag Psychische Krankheiten klassifizieren und diagnostizieren »» vom 24.02.2021.

9 Vgl. Lehnert, Franziska: Das hilft gegen die Wintermüdigkeit. In: focus-arztsuche.de. Aktualisiert am 26.01.2021.
URL: https://focus-arztsuche.de/magazin/ratgeber/schlaf-das-hilft-gegen-die-wintermuedigkeit [Stand: 11.10.2023].

10 Vgl. tpo: Reif für den Winterschlaf? Mit diesen Tricks besiegen Sie die Wintermüdigkeit. In: stern.de. Veröffentlicht am 15.01.2022.
URL: https://www.stern.de/gesundheit/adieu–wintermuedigkeit–diese-tricks-helfen-gegen-die-schlappheit_31491040-31490822.html [Stand: 11.10.2023].

11 Vgl. tpo: Reif für den Winterschlaf? Mit diesen Tricks besiegen Sie die Wintermüdigkeit.
URL: https://www.stern.de/gesundheit/adieu–wintermuedigkeit–diese-tricks-helfen-gegen-die-schlappheit_31491040-31490822.html [Stand: 11.10.2023],
vgl. Fernau, Luisa: So überwinden Sie die Wintermüdigkeit. In: geo.de.
URL: https://www.geo.de/wissen/gesundheit/17676-rtkl-tipps-fuer-herbst-und-winter-so-ueberwinden-sie-die-wintermuedigkeit [Stand: 11.10.2023] und
vgl. Kernter, Matthias: Winterblues – 10 Tipps gegen die Wintermüdigkeit. In: stuttgarter-nachrichten.de. Veröffentlicht am 23.11.2022.
URL: https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.winterblues-definition-symptome-und-10-tipps-mhsd.e3129642-6819-47d2-9961-8ecd5be1c570.html [Stand: 11.10.2023].

Bildhinweis: Bettina Vögl

Veröffentlicht am: 08.11.2023