Alle Jahre wieder – Frohe statt turbulente Weihnachtszeit

 

Häufig sprechen viele von der stressigsten anstatt besinnlichsten Zeit im Jahr. Doch warum entsteht im Advent und an den Weihnachtsfeiertagen überhaupt Hektik und wie kann man diese vermeiden?

Am vergangenen Sonntag wurde traditionell die erste Kerze am Adventkranz entzündet – und damit hat auch die schönste Zeit im Jahr eingeläutet. Süßes Weihnachtsgebäck wird in den nächsten Wochen zu jeder Kaffee- und Teezeit kredenzt, die Wohnung wird feierlich geschmückt und Geschenke werden besorgt. Die weihnachtliche Vorfreude wächst bis zu den Festtagen weiter an und man freut sich auf den Besuch der Liebsten, auf das Feiertagsmenü, das mühelos zubereitet und im Anschluss mit viel Lob und Anerkennung der Anwesenden verspeist wird, und nicht zuletzt auf den aufwendig geschmückten und leuchtenden Christbaum, der von allen ehrfürchtig betrachtet wird.

Bei den einen verursacht das eben Beschriebene die reinste Freude – immerhin verbinden gemäß einer Umfrage rund 63 % der Befragten mit dem Advent bzw. dem Weihnachtsfest ein saisonales Hochgefühl, gefolgt von Zufriedenheit und Entspannung. Und für diese Gruppe ist es auch kaum verständlich, wie sich rund 46 % aller Befragten in dieser Zeit gestresst fühlen können.1 Doch warum empfinden viele gerade den Advent und die Weihnachtsfeiertage als hektisch, herausfordernd und ganz und gar nicht besinnlich?

Der Perfektionismus verschließt den Blick für das Wesentliche

Gerade jetzt und schließlich an den höchsten Feiertagen verspüren viele den Druck, allen anderen ein unvergessliches Fest bereiten zu müssen. Zahlreiche Geschenke müssen besorgt werden oder eine möglichst große Sortenvielfalt an Keksen soll Weihnachtsdüfte in der Wohnung verbreiten, damit die Familie in Weihnachtsstimmung kommt. Vor den höchsten Festtagen muss dann auch das Haus makellos geputzt und spätestens zu diesem Zeitpunkt auch liebevoll dekoriert werden, damit den Verwandten zu Weihnachten lobende Worte dahin gehend abgerungen werden können. Nicht zu vergessen – ein üppiges Festmahl muss serviert werden, für welches man den ganzen Tag in der Küche steht, und ein großer und herrlich geschmückter Christbaum soll Kinderaugen zum Leuchten bringen. Was bei den einen für Freude sorgt, stellt andere wiederum vor eine große Herausforderung und verursacht Stress. Aber wozu dann dieser Arbeitsaufwand, der als hektisch empfunden wird, anstatt die Weihnachtszeit einfach zu genießen? Bastian Roet vom Berufsverband Deutscher Soziologen erklärt dazu, dass dies mit der zur Weihnachtszeit vorherrschenden Erwartungshaltung zusammenhänge.2

Diese entsteht durch die medial geprägte Vorstellung eines üppigen, harmonischen und idyllischen Festes zusammen mit der glücklichen Großfamilie. Aber vor allem Letztere sorgt häufig bereits im Vorfeld für Anspannung, da ein schönes Weihnachtsfest primär mit dem friedvollen und ausgelassenen Austausch aller Anwesenden assoziiert wird. „Aber die Beziehungen der Menschen, die da für einige Zeit zusammenkommen, weil sie zu einer Familie gehören, sind nunmal nicht nur harmonisch. Es sind verschiedene Persönlichkeiten, sie haben unterschiedliche Interessen und Standpunkte, was eigentlich ganz normal ist“3, wie Roet weiter erklärt.

Das Familienfest schlechthin

Nicht selten entstehen am Weihnachtsabend somit auch interfamiliäre Konflikte: „Weihnachten ist ein Familienfest. Eine Ursache für viele Konflikte liegt aber genau hierin, es ist die ungewohnte Nähe aller Familienmitglieder“4. Wenn sich bereits über die Adventzeit Stressfaktoren summieren, dann sorgt dies für Erschöpfung, Gereiztheit und für Spannungen. Und treffen schließlich am Heiligabend sämtliche Familienangehörige zur Feier zusammen, kann diese ungewohnte Nähe für zusätzliches Unwohlsein sorgen. Gemäß dem in Walding tätigen Psychologen und Therapeuten Maximilian Schallauer seien die Menschen zudem kaum noch in der Lage, in Konflikten richtig zu agieren.5 Vor allem sollten Familienkonflikte nicht zu Weihnachten ausgetragen werden,6 denn gerade zu dieser Zeit sei ein Streit besonders schmerzhaft, wie Schallauer erklärt; immerhin widerspreche dieser dem harmonischen und friedlichen Sinnbild von Weihnachten.7 Empfohlen wird deswegen, gerade zu Weihnachten sensible Themen und Diskussionen auszuklammern bzw. tolerant gegenüber konträren Ansichten der Gesprächspartner*innen zu sein, damit einem möglichen Konflikt vorgebeugt wird.8

Auf der Suche nach dem perfekten Geschenk

Ein weiterer Grund, warum die Weihnachtszeit Stress verursacht und woran auch die Erwartungshaltung geknüpft ist, ist das Suchen nach dem ‚perfekten‘ Geschenk. Nicht zu preiswert soll es sein, außerdem kreativ, nützlich und zum Ausdruck bringen, dass man jemanden sehr gut kennt. Aber – „Wir denken, der Beschenkte erwartet von uns eine besondere Anstrengung, besonderes Engagement“9, wie der an der Universität Potsdam tätige Konsumforscher Ingo Balderjahn erklärt. Da wir jedoch in einer Zeit leben, in der viele mehr besitzen, als sie überhaupt brauchen, gestaltet sich die Suche nach dem Geschenk auch schwierig und mündet nicht selten in Stress. In Vergessenheit gerät dabei allerdings, dass im „Geschenkerausch […] die ursprüngliche Bedeutung des Weihnachtsfests leider manchmal ganz verloren zu gehen [scheint]“10, nämlich das Beisammensein mit den Liebsten und Dankbarkeit.11 Somit sollte der Geschenketausch zu Weihnachten vorrangig die gegenseitige Zuneigung zum Ausdruck bringen und keinen zusätzlichen Stressfaktor darstellen, weil nach einer außergewöhnlichen Besonderheit gesucht werden muss. Außerdem ist es auch ratsam, rechtzeitig sämtliche Geschenke zu besorgen, um kurz vor dem Fest nicht auch noch Hektik diesbezüglich entstehen zu lassen.

Ein unperfekt perfektes Weihnachtsfest

Zu hohe Erwartungen an diese besondere Zeit im Jahr, überzogener Perfektionismus, die Familienzusammenkunft und der gehetzte Geschenkekauf – diesen (vor)weihnachtlichen Stressfaktoren kann mit wenigen Tipps einfach vorgebeugt werden, um mehr Gelassenheit zu verspüren und um den Weihnachtszauber intensiver genießen zu können:12

  • Perfektionismus dämpfen
    Wichtiger als ein ‚perfektes‘ Weihnachtsfest ist Zufriedenheit und vor allem das Miteinander. So wird man sich auch des eigentlichen Sinnes von Weihnachten wieder bewusster.
  • Gemeinsame Festtagsplanung und Aufgabenverteilung
    Damit gar nicht erst zu hohe Erwartungen an die Adventzeit und an Weihnachten an sich entstehen können, empfiehlt es sich, mit den Familienmitgliedern abzuklären, wie das Fest verlaufen soll, um alle Bedürfnisse zu befriedigen und um Kompromisse zu finden. Im Zuge dessen können auch Aufgaben gerecht verteilt werden, beispielsweise das Kochen, Dekorieren oder das Schmücken des Baumes.
  • Weihnachtsspaziergang
    Bewegung an der frischen Winterluft tut dem Körper wie auch der Seele gut und sorgt für Stressreduktion und Entspannung. Vor allem Kinder profitieren von Aktivitäten im Freien.
  • Geschenke rechtzeitig besorgen
    Damit ein als stressig empfundener Geschenkekauf nicht zur Belastung wird, empfiehlt es sich, frühzeitig zu überlegen, wem was geschenkt werden möchte. Denn dies kurz vor Weihnachten zu tun, kann Hektik verursachen.
  • Neue Traditionen schaffen
    In Absprache mit den Liebsten kann überlegt werden, welche Aufgaben, die zu Stress führen, ausgeklammert werden können. Beispielsweise können Weihnachtskekse gekauft werden oder das Festmenü muss nicht selbstgekocht sein bzw. von nur einer Person alleine zusammengestellt oder vorbereitet werden. Die Dekoration muss nicht Jahr für Jahr üppiger, der Baum immer größer werden. Und anstatt jedem Familienmitglied etwas zu schenken und dadurch in Stress zu geraten, könnte man gemeinsam wichteln. Vielleicht vereinbart man auch, sich nur eine Kleinigkeit oder gar nichts zu schenken? Solange hinsichtlich diverser Punkte Konsens besteht, ist alles erlaubt.
  • Konflikte bewusst meiden
    Kritische Themen sollten zu den Feiertagen ausgeklammert werden. Und wenn sich Familienmitglieder untereinander nicht verstehen, sollte man auch nicht darauf bestehen, den Heiligabend gemeinsam zu verbringen. Auf diese Weise kann möglichen Spannungen und folglich Streitigkeiten vorgebeugt werden.

Damit die Adventzeit und die Weihnachtsfeiertage stimmungsvoll und harmonisch genossen werden können, ist es somit am wichtigsten, nicht danach zu streben, ein perfektes Weihnachtsfest organisieren zu wollen. Im Vordergrund steht immer noch die gemeinsame Zeit mit den engsten Vertrauten und der achtsame Umgang mit sich selbst. Und nicht zuletzt kann mit etwas Planung, gemeinsamer Organisation und entspannenden Wohlfühlmomenten dazwischen die Weihnachtszeit fernab von Stress, stattdessen aber mit freudbringenden Tätigkeiten gestaltet werden.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit!

 


1 Vgl. APA: Weihnachten ist für die meisten ein harmonisches Familienfest. In: derstandard.at. Veröffentlicht am 07.12.2018.
URL: https://www.derstandard.at/story/2000093382301/weihnachten-ist-fuer-die-meisten-ein-harmonisches-familienfest [Stand: 03.11.2021].

2 Vgl. Dassler, Sandra: O du stressige – wie Sie im Advent gelassen bleiben. In: tagesspiegel.de. Veröffentlicht am 03.12.2019.
URL: https://www.tagesspiegel.de/berlin/tipps-fuer-entspannte-weihnachtszeit-in-berlin-o-du-stressige-wie-sie-im-advent-gelassen-bleiben/25288894.html [Stand: 03.11.2021].

3 Dassler, Sandra: O du stressige – wie Sie im Advent gelassen bleiben.
URL: https://www.tagesspiegel.de/berlin/tipps-fuer-entspannte-weihnachtszeit-in-berlin-o-du-stressige-wie-sie-im-advent-gelassen-bleiben/25288894.html [Stand: 03.11.2021].

4 Vgl. Hartl, Thomas: Stressfreie Adventzeit. In: meinegesundheit.at. Aktualisiert am 13.11.2020.
URL: https://www.meinegesundheit.at/cdscontent/?contentid=10007.688967 [Stand: 03.11.2021].

5 Vgl. Hartl, Thomas: Stressfreie Adventzeit.
URL: https://www.meinegesundheit.at/cdscontent/?contentid=10007.688967 [Stand: 03.11.2021].

6 Vgl. red: Alle Jahre wieder: Familienstreit zu Weihnachten. In: derstandard.at. Veröffentlicht am 19.12.2017.
URL: https://www.derstandard.at/story/2000070666078/wie-sich-familienstreit-zu-weihnachten-vermeiden-laesst [Stand: 03.11.2021].

7 Vgl. Hartl, Thomas: Stressfreie Adventzeit.
URL: https://www.meinegesundheit.at/cdscontent/?contentid=10007.688967 [Stand: 03.11.2021].

8 Vgl. red: Alle Jahre wieder: Familienstreit zu Weihnachten.
URL: https://www.derstandard.at/story/2000070666078/wie-sich-familienstreit-zu-weihnachten-vermeiden-laesst [Stand: 03.11.2021].

9 Franke, Sarah: Konsum statt Besinnlichkeit: Warum wir an Weihnachten so viel und teuer schenken. In: rnd.de. Veröffentlicht am 19.12.2020.
URL: https://www.rnd.de/lifestyle/konsum-statt-besinnlichkeit-warum-wir-an-weihnachten-so-viel-und-teuer-schenken-7Q23OPPEYZGKRFBQQHBKPDUJP4.html [Stand: 03.11.2021].

10 Vorwerk-Gundermann, Liane: Falsche Geschenke und nervige Verwandte – Tipps gegen Psychostress an Weihnachten. In: focus.de. Aktualisiert am 21.12.2016.
URL: https://www.focus.de/gesundheit/gesundleben/stress/alle-jahre-wieder-psychostress-an-weihnachten-enttaeuschte-erwartungen_id_1902267.html [Stand: 03.11.2021].

11 Vgl. Thal, Raiko: Oh du stressfrei Weihnachtszeit. In: rbb-online.de. Veröffentlicht am 21.12.2020.
URL: https://www.rbb-online.de/rbbpraxis/rbb_praxis_service/winter-themen/10-tipps-gegen-weihnachtsstress.html [Stand: 03.11.2021].

12 Vgl. red: Alle Jahre wieder: Familienstreit zu Weihnachten.
URL: https://www.derstandard.at/story/2000070666078/wie-sich-familienstreit-zu-weihnachten-vermeiden-laesst [Stand: 03.11.2021] und
vgl. Thal, Raiko: Oh du stressfrei Weihnachtszeit.
URL: https://www.rbb-online.de/rbbpraxis/rbb_praxis_service/winter-themen/10-tipps-gegen-weihnachtsstress.html [Stand: 03.11.2021].

Bildhinweis: Adobe Stock

Veröffentlicht am: 01.12.2021